Gehörst du zu den Perfektionisten unter uns?
Und wie geht es dir damit?
In meiner Arbeit als Kunsttherapeutische Beraterin begegnen mir immer wieder Menschen, die den Anspruch an ein „perfektes“ Bild haben, die nur schwer Kontrolle abgeben können und sich daher in den ersten Malbegleitungen etwas schwerer auf den Malprozess einlassen können.
Perfektion orientiert sich an (überhöhten) Maßstäben. Wie etwas sein soll, aussehen soll, zu sein hat. Wir sind auf der Verstandesebene unterwegs, bewerten, skalieren, wollen besser werden, sind vielleicht auch zufrieden und glücklich über das Ergebnis, über unser Fortschreiten und Wachstum und daran ist absolut nichts verwerfliches.
Zur Gefahr wird es nur, wenn uns der Perfektionismus ausbremst, vielleicht auch gar nicht loslegen lässt: weil wir eh nicht gut (genug) sind, es nicht perfekt machen und auch nie werden.
Und hier ist Vorsicht geboten, denn wie schade ist es, wenn wir uns so viel vorenthalten, was und vielleicht Freude machen würde, nur weil wir meinen es muss perfekt sein?
2 Arten von Perfektionismus:
Funktionaler Perfektionismus: du hast ein Ziel vor Augen und gibst dein Bestes, lässt dich aber nicht herunterziehen, wenn du deinem Anspruch und deinen Erwartungen nicht gerecht wirst. (eine kurzzeitige Enttäuschung ist natürlich ok)
Dysfunktionaler Perfektionismus: Hier ist deine Leistung stark an deinem Selbstwert geknüpft. Bei nicht Erreichen deines Ziels, deiner Erwartung, verurteilst du dich und fühlst dich schlecht.
Glaubenssätze wie u.a. „Ich bin nicht gut genug.“ „Ich muss es noch besser machen“, „Es reicht nicht.“ sind hier zu finden.
Impulse für deine Arbeit als Malbegleiterin:
》Arbeite an der Stärkung des Selbstwerts deiner Klienten
》Baue Übungen ein, in dem deine Klienten den Prozess und das Ergebniss nicht kontrollieren können
》Stärke die intuitiven Fähigkeiten; denn je mehr deine Klienten mit ihrer Intuition verbunden sind, desto weniger lassen sie sich von richtig und falsch leiten, sondern immer mehr von ihrer inneren Wahrheit
Hier kommt eine schöne Geschichte:
„Es ist der Knoten. Der allerletzte Knoten, der fehlerhaft geknüpft ist. Ein winziger Wulst, kaum wahrnehmbar eigentlich, und doch passt er nicht zum Rest des Teppichs, raubt ihm den Anspruch an jegliche Perfektion. Bis heute ist es vor allem im arabischen Raum Brauch, in jeden handgeknüpften Teppich absichtlich einen Fehler einzuweben. Das ist kein Zeichen mangelnder Handwerskunst, sondern ein Ausdruck von Bescheidenheit. Ein vollkommener Teppich, so glauben die Menschen, stelle einen Affront gegen das Göttliche dar, das einzig wahrhaft Vollkommene.“
Mal-Impulse:
Wie wäre es bei deinem nächsten Bild absichtlich einen „Fehler“ einzuweben?
Das kann in Form einer Farbe, Linie, Symbol, .. etc. sein.
Gehe in die Beobachtung. Was macht das mit dir? (während dem Prozess und die Tage danach)
Verändert sich das Gefühl zu dem Fehler, zum Bild? (Akzeptanz, schön finden, Wut,…)
Was möchtest du nach ein paar Tagen mit dem Bild tun? „Überarbeiten“, es so lassen, .. ?
Weitere hilfreiche Übungen:
》Male mit deiner nicht-dominanten Hand
》Male mit geschlossenen Augen
》Verwende Material, das dir nicht so gut liegt